Herzlich Willkommen zur aktuellen Presseschau. Selten wurden die Themen politische Zukunft der Kernkraft, Rückbau deutscher KKW und die technische Weiterentwicklung der Nuklearenergie so umfangreich und prominent in deutschen Medien aufgegriffen. Auch die KKW Brunsbüttel und Krümmel fanden Erwähnung. Entsprechend vielfältig und interessant zu lesen ist unsere Auswahl an Beiträgen in dieser Woche. Bei aller Ernsthaftigkeit der Inhalte findet sich zum Schluss aber auch noch ein leichtes Thema, dass jedenfalls in unserer Berichterstattung erstmalig vorkommt: Eine Weinlese auf dem Gelände eines KKW.
Während angesichts des Klimawandels in vielen Staaten über den möglichen Ausbau der Kernkraft gestritten wird, geht Deutschland mit dem Ausstieg aus der Kernenergie den umgekehrten Weg. Ende kommenden Jahres sollen die letzten Meiler vom Netz gehen, mit Folgen für die Lagerung der dabei anfallenden Abfälle. Von Grafenrheinfeld im Süden über Philippsburg bis Unterweser im Norden werden überall in Deutschland neue Zwischenlager für atomare Abfälle gebaut oder sind just fertiggeworden. Der Bauboom für Abfall-Depots, so die ZEIT in einer ausführlichen Reportage, sei eine logische Folge des fortschreitenden Atomausstiegs: Elf Kernkraftwerke werden zurzeit abgebaut, in den vorhandenen Lagern fehlt der Platz für die teilweise strahlenden Materialien. Inzwischen lagerten deutschlandweit mehr als 1.000 Behälter mit radioaktiven Abfällen. Der Beitrag macht mit einem Blick auf die KKW in Brunsbüttel und Krümmel auf und schildert die aktuelle Situation und die Probleme und Lösungen der Zwischenlagerung:
Der Jurist Andreas Wasielewski wird neuer Leiter der Abteilung für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz im schleswig-holsteinischen Energie- und Umweltministerium. Der 63-Jährige übernimmt das Amt am 1. November, wie die Süddeutsche Zeitung meldet. Vorgänger Dr. Dr. Jan Backmann war bereits im August als Abteilungsleiter für Verbraucherschutz in das Justizministerium gewechselt. Wasielewski war in dem Ministerium zuletzt stellvertretender Leiter der Abteilung für Energie, Klimaschutz und Technischen Umweltschutz. „Die Atomaufsicht unter Leitung von Herrn Dr. Wasielewski wird diesen Prozess (des Rückbaus der KKW, Anm. der Red.) weiterhin eng begleiten und streng darauf achten, dass der Schutz von Bevölkerung und Umwelt gewährleistet ist“ wird Umweltminister Albrecht (GRÜNE) zu der Personalie zitiert:
Noch gut ein Jahr lang soll Baden-Württembergs letztes Kernkraftwerk in Neckarwestheim am Netz bleiben. Doch Ende 2022 werde auch Block II in Neckarwestheim endgültig abgeschaltet, dann als letzter Atommeiler in ganz Deutschland. Unterdessen nehme laut eines Beitrags der Ludwigsburger Kreiszeitung der Rückbau von Neckarwestheim I Fahrt auf, zehn Jahre nach der Zwangsabschaltung nach dem Unfall von Fukushima. Der Abbau von GKN II könne voraussichtlich 2023 kurz nach der Abschaltung beginnen, die nötigen Anträge der EnBW liegen seit 2016 vor und sollen nächstes Jahr genehmigt werden. Etwa 15 Jahre später könnten dann beide Neckarwestheimer Meiler Geschichte sein. So lange würden allerdings auch das Reststoffbearbeitungszentrum und das Abfallzwischenlager benötigt, die am Standort des früheren Zellenkühlers entstanden sind:
Bis 2035 soll das Kernkraftwerk in Grafenrheinfeld im Landkreis Schweinfurt komplett rückgebaut sein. Diie beiden Zwischenlager für radioaktive Abfälle werden jedoch noch länger betrieben. Dazu fand auf dem Gelände jetzt das Richtfest für ein neues, rund neun Millionen Euro teures Funktionsgebäude statt. In dem Gebäude sollen Mitarbeiter der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) die beiden Zwischenlager verwalten und betreiben. Bislang arbeiten laut BR rund 20 Personen der BGZ vor Ort in einem provisorischen Gebäude. Nach Fertigstellung sollen in dem neuen Gebäude rund 70 Menschen arbeiten:
• BR24
Nach erfolgreich abgeschlossener Kraftwerksrevision wurde das Kernkraftwerk Isar 2 wieder mit dem Stromnetz verbunden. Es sei die letzte Revision vor der geplanten Einstellung des Leistungsbetriebs des Kraftwerks Ende 2022. Das aufwändige Schutzkonzept gegen Covid-19 für das im Kraftwerk tätige Personal habe sich dabei sehr gut bewährt, heißt es in einer Mitteilung des Betreibers Preussen Elektra, aus der der Redaktionsverbund Isar Donau Wald zitiert:
• IDOWA
Die Zeit nimmt sich in einer Reportage des Themas Rückbau von Kernkraftwerken an und schildert den nunmehr bereits seit 30 Jahren laufenden Rückbau des KKW Greifswald, dessen Ende noch nicht in Sicht sei. Dabei lässt das Blatt u.a. den Liter des dortigen Rückbau-Projekts zu Wort kommen:
• DIE ZEIT ONLINE (Bezahlinhalt)
Nach einem Zwischenfall in einem Kernkraftwerk im Süden Russlands ist ein Reaktorblock für Wartungsarbeiten vom Netz genommen worden, meldet der SPIEGEL. In dem Kraftwerk rund 120 Kilometer von der Stadt Rostow am Don entfernt solle Dampf aus einem defekten Rohr ausgetreten sein. Das teilte demnach der Betreiber Rosenergoatom im sozialen Netzwerk Telegram mit. Das Rohr sei allerdings Teil eines Kraftwerksystems, in dem kein radioaktiv belastetes Wasser fließe. Das Kernkraftwerk Rostow besteht aus insgesamt vier Blöcken und ist seit 2001 in Betrieb. Neben dem nun abgeschalteten Teil werde laut Betreiber noch ein weiterer Block seit September gewartet. Die beiden anderen Blöcke sind demnach planmäßig in Betrieb:
Großbritannien setzt im Kampf gegen den Klimawandel auf Kernenergie. Ein neues Nuklearkraftwerk solle laut eines Berichts der Tagesschau helfen, den CO2-Ausstoß des Landes zu reduzieren. Eine Genehmigung könne es bereits im kommenden Jahr geben. Die Regierung in London setze einem Zeitungsbericht zufolge auf Kernkraft, um ihre Klimaziele zu erreichen. Noch vor den Wahlen im Jahr 2024 solle im Rahmen ihrer Klima-Strategie die Finanzierung eines neuen Kernkraftwerks erfolgen, berichtete laut Tagesschau die Zeitung „The Telegraph“:
Während in vielen Ländern neue Kernkraftwerke geplant werden, etwa in Frankreich und Großbritannien, nimmt in Deutschland die Diskussion um die Kernenergie weiter an Fahrt auf. Keine der möglichen Regierungsparteien möchte laut FAZ den Ausstieg rückgängig machen, selbst die FDP habe diese Idee verworfen. Aus der Wirtschaft und der Wissenschaft mehren sich hingegen Appelle, über Laufzeitverlängerungen nachzudenken: wegen der steigenden Energiepreise, möglicher Versorgungsengpässe und der Dringlichkeit des Klimaschutzes, so das Blatt. Jetzt meldete sich eine weitere prominente Stimme zu Wort, der ehemalige Chef des weltgrößten Chemiekonzerns BASF, Jürgen Hambrecht, der auch Mitglied der Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“ zum Atomausstieg war. „Der gleichzeitige Ausstieg aus Kohle und Atomkraft ist ein Fehler“, sagte er der Zeitung. „So vorzugehen kann zu einer Überforderung der Privathaushalte und der Wirtschaft führen, gefährdet Deutschlands Energiesicherheit und belastet die Wettbewerbsfähigkeit.“ Der Autor führt in seinem Artikel auch ein anderes ehemaliges Mitglied der Ethikkommission an, den Geowissenschaftler Reinhard Hüttl. Hüttl stellt mit Hinweis auf Äußerungen des Vorsitzenden der CDU Armin Laschet fest, dass es ein Fehler gewesen sei, erst aus der Kernenergie und dann aus der Kohle auszusteigen. Auch seien die wegfallenden Erzeugungskapazitäten nur schwer zu ersetzen. Er verweist darauf, dass man in Europa und international die Kernenergie möglicherweise brauche, um Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe zu erzeugen und bedauert, dass sich Deutschland völlig aus der Diskussion um die Kernenergie verabschiede:
• FRANKFURTER ALLGEMEINE (Bezahlinhalt)
Verschiedene Bürgerinitiativen haben der deutschen Politik einen Irrweg in der Klima- und Energiepolitik vorgeworfen und angesichts hoher Energiekosten eine Verlängerung der Kernkraft gefordert. In einem in Berlin vorgelegten Papier sprächen sie sich für ein „Kernkraftwerk-Moratorium“ aus, wie der Sender n-tv berichtet. Die Regelungen des Atomgesetzes zur Stilllegung von Kernkraftwerken müssten für die verbliebenen sechs Kernkraftwerke aufgehoben werden. Das Gesetz dürfe erst wieder in Kraft treten, wenn die wegfallende Strommenge durch Ersatzneubauten von Erneuerbaren Energien und Gaskraftwerken ersetzt worden sei, heißt es demnach in einem Papier der Initiativen EnergieVernunft und Vernunftkraft:
• NTV
In einem offenen Brief, den die Zeitung WELT veröffentlichte, wenden sich laut Welt „führende internationale Experten“ an alle Deutschen: Deutschland drohe sein Klimaziel für 2030 zu verpassen, allen Mühen zum Trotz. Der Ausstieg aus der Atomkraft würde die Kohlenstoff-Emissionen nur noch weiter erhöhen. Dies müsse verhindert werden. Zu den Unterzeichnern zählen Wissenschaftler, Journalisten, Unternehmensvertreter, Politiker und Umweltaktvisten:
• DIE WELT
Eine Gruppe von ehemaligen Ingenieuren des Weltraumunternehmens Space-X entwickelt die „weltweit erste mobile, emissionsfreie Energiequelle“, so der STERN. Es handele sich um einen Kernreaktor, der Strom in entlegene Gebiete bringen und schnell installiert werden könne. Mobile Reaktoren seien bereits seit einigen Jahren in Gespräch. Doug Bernauer, Gründer und CEO von Radiant, habe bereits zuvor daran gearbeitet, einen Mini-Reaktor im Auftrag von Space-X für eine Marskolonie zu entwickeln. Da es mit der Besiedelung des Mars noch dauere, könne eine mobile Energiequelle aber auch auf der Erde nutzbringend eingesetzt werden. Der Mikroreaktor inklusive der Stromerzeugungsanlage sei so klein, dass er mit dem Lkw, per Flugzeug oder mit dem Hubschrauber bewegt werden und auch an abgelegenen Orten dann vier Jahre lang praktisch wartungsfrei Strom liefern könne:
• STERN
Auch Frankreich plant in eine neue Technologie kleinerer Kernkraftwerke zu investieren. Doch Experten bezweifeln, dass die Meiler ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll seien, wie die Deutsche Welle meldet. Zwar wolle Frankreich seinen Nuklearstromanteil laut einem Gesetz bis 2035 von im Moment etwa 70 Prozent – einem weltweiten Rekord – auf 50 Prozent senken. Aber der französische Präsident Emmanuel Macron habe in Frage gestellt, ob das machbar sei. Zudem habe er nun angekündigt, in die Entwicklung kleiner Nuklearreaktoren zu investieren – um „mit bahnbrechenden Innovationen in dem Sektor voranzugehen“. Die zitierten Experten seien hingegen skeptisch, ob die sich noch in den Kinderschuhen befindende Technologie ökologisch und ökonomisch sinnvoll sei. Sie vermuten, dass sich hinter der Investitionsentscheidung andere Gründe verbergen. Die Aufrechterhaltung auch der militärischen Nutzung von Kernkraft könne das eigentliche Motiv sein:
Auf dem Gelände des umstrittenen tschechischen Kernkraftwerks Dukovany hat nach einem Bericht des Gastro-Informationsdienstes Tageskarte erstmals eine Weinlese stattgefunden. Dabei kamen dem Bericht zufolge rund 700 Kilo Trauben der Sorten Rheinriesling und Sauvignon blanc zusammen, wie die Betreibergesellschaft CEZ mitteilte. Der Weinberg befindet sich knapp unterhalb der Kühltürme, aber außerhalb des umzäunten Sicherheitsbereichs des Meilers südwestlich von Brno (Brünn). Er könne von Touristen besichtigt werden, so Tageskarte: