Regelungen für Betrieb und Abbau von Kernkraftwerken: das Atomgesetz

Das Kernkraftwerk Krümmel befindet sich gegenwärtig in der Nachbetriebsphase. Bis zur vollständigen Stilllegung gelten für das Kernkraftwerk Krümmel die Bestimmungen der Betriebsgenehmigung, die dann ganz oder teilweise durch die Regelungen der Stilllegungsgenehmigung – nach deren Inanspruchnahme – abgelöst werden. Bis zur Entlassung aus der atomrechtlichen Überwachung unterliegt die Anlage den Regelungen des deutschen Atomgesetzes.

Was ist das Atomgesetz?

Das ursprünglich in 1960 in Kraft getretene Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren – kürzer Atomgesetz (AtG) – hatte in seiner ursprünglichen Fassung die Förderung der Kernenergie zum Ziel. Der Gesetzeszweck der derzeit gültigen Fassung ist hingegen die geordnete Beendigung der Nutzung der Kernenergie und die Sicherstellung des geordneten Produktionsbetriebs bis zum Zeitpunkt der Beendigung.

In seinen sechs Abschnitten enthält das AtG Vorschriften zum Schutz von Leben, Gesundheit und Sachgütern, trifft Aussagen zu Behördenzuständigkeiten und verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen auf dem Gebiet der Kernenergie und des Strahlenschutzes.

Die wichtigsten Regelungen des AtG stellen die zahlreichen Überwachungs- und Genehmigungsvorschriften dar, die auch im Rahmen der Stilllegung und des Rückbaus eine erhebliche Rolle spielen.

Aufgrund des AtG sind auch zahlreiche Rechtsverordnungen erlassen worden, welche die Bestimmungen des Gesetzes genauer und detaillierter konkretisieren. Namentlich erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die Regelungen zur atomrechtlichen Abfallverbringung und zur Deckungsvorsorge oder die Regelungen zu Sicherheitsbeauftragten und zu Meldepflichten. Auch die Strahlenschutz- und die Röntgenverordnung gehören zu den wichtigen Verordnungen, die aufgrund des AtG erlassen worden sind.

Das AtG regelt auch, dass gewisse atomrechtliche Vorhaben (z. B. Stilllegung und Rückbau von Kernkraftwerken) nur durchgeführt werden dürfen, wenn vorher die Pflicht zur Durchführung einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erfüllt ist. Das UVP-Verfahren, in dem die Auswirkungen auf die Schutzgüter Umwelt, Mensch und Natur unter die Lupe genommen werden, wird nach den Regelungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) durchgeführt.

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Foto: Vattenfall

Wesentliche Gesetzesnovellen 2002, 2010 und 2011

Eine grundlegende Änderung der Zielbestimmung erhielt das Atomgesetz mit der Novelle von 2002. Verhandlungen zwischen der damaligen Bundesregierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen und den größten Energieversorgungsunternehmen führten zum sog. Atomkonsens, der 2001 vereinbart wurde. Er bildete die Grundlage für die gesetzliche Festschreibung des Ausstiegs aus der Kernenergie. Der Gesetzeszweck bestand nunmehr nicht mehr darin, die Nutzung der Atomenergie zu fördern, sondern sie geordnet zu beenden.

Konkret wurden in der im April 2002 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle das Verbot des Baus neuer Kernkraftwerke und die Befristung der Laufzeit der bestehenden Kernkraftwerke normiert, indem von den deutschen Anlagen von Januar 2000 an insgesamt noch höchstens 2,62 Millionen Gigawattstunden (GWh) Strom erzeugt werden durften.

Die Gesetzesnovellierung regelte auch die Entsorgung der abgebrannten Brennelemente. Einerseits wurden die Betreiber der Kernkraftwerke verpflichtet, an den Standorten ihrer Anlagen Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente zu errichten, andererseits wurde die Entsorgung bestrahlter Brennelemente auf die direkte Endlagerung beschränkt. Die Abgabe bestrahlter Brennelemente aus Kernkraftwerken an Wiederaufarbeitungsanlagen ist somit seit Juli 2005 verboten. 

Im Anschluss an die Bundestagswahl 2009 vereinbarten die Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP – ohne den Ausstieg aus der Kernenergie grundsätzlich in Frage zu stellen – die Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke zu verlängern. Der emissionsfreien Kernkraft sollte dabei als „Brückentechnologie“ eine tragende Rolle zukommen, bis sie durch erneuerbare Energien verlässlich ersetzt werden konnte. Durchschnittlich wurden damit die Laufzeiten der älteren, vor 1980 gebauten Anlagen um acht, die der jüngeren um 14 Jahre verlängert. Flankiert wurde dieses Gesetzespaket durch einen sog. Energie- und Klimafonds, in den alle Kernkraftwerke betreibenden Unternehmen einzahlen sollten, um den Ausbau der erneuerbaren Energien finanziell zu fördern. Ferner sah die Gesetzesnovelle mit Schaffung des Kernbrennstoffsteuergesetzes eine Abgabe auf eingesetzte Kernbrennstoffe vor.

Eine Kehrtwende erfolgte 2011 nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima, als die nur wenige Monate zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung rückgängig gemacht wurde und ein – im Vergleich zur AtG-Novelle 2002 – erheblich schnellerer Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen wurde. Für die sieben ältesten Kraftwerke sowie für das Kernkraftwerk Krümmel wurde das Ende des Leistungsbetriebs verfügt. Die Restlaufzeiten der übrigen Kraftwerke wurden ebenfalls erheblich verkürzt. Die letzten Anlagen werden spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet.