Zauneidechsen am Kernkraftwerk Krümmel

Der im Norden an das Kraftwerksgelände angrenzende Geestrücken ist ein Lebensraum der Zauneidechse. Durch die südliche Ausrichtung und die sandigen Hangflächen haben sich hier dauerhaft Zauneidechsen angesiedelt. Die Baumaßnahmen zur Errichtung des Lagers für schwach- und mittelradioaktiven Abfall beanspruchen Hangflächen, die als Lebensraum der Zauneidechsen gelten.


Laut Bundesnaturschutzgesetz muss vor Beginn der Baumaßnahmen die gesamte Population der Zauneidechsen erfasst und in ein zuvor bestimmtes Gebiet umgesiedelt werden. Diese Schutzmaßnahme soll den Fortbestand der Population sicherstellen. Dafür wurden funktionserhaltende Maßnahmen (CEF-Maßnahmen; CEF=Continuous Ecological Functionality) bestimmt. Ein westlich vom Kernkraftwerk liegendes Areal wurde als neuer Lebensraum für die Zauneidechse ausgewählt. Die Fläche bietet durch die südliche Ausrichtung des Hangs einen hohen Temperaturgradienten. Wichtige Elemente, die den Lebensraumanforderungen der Zauneidechse entsprechen, wurden auf der Fläche zusätzlich angelegt. Dazu gehören die Anpflanzung von niedrig wachsenden Pflanzen und das Aufschichten von Sand- und Gesteinshügeln sowie Holzstapeln. Die rotweißgestreiften Pfosten markieren die Fläche.


Mit den Arbeiten zur Gestaltung des neuen Geländes wurde im April 2018 begonnen. Das den Lebensraumansprüchen entsprechende Areal war so bis zum Frühjahr 2019 hergestellt. Die Umsiedlung der Zauneidechsenpopulation konnte zwischen Frühjahr und Spätsommer 2019 stattfinden.

Nachwuchs bei den Zauneidechsen

Mit großer Spannung wurde in diesem Frühsommer 2020 nach den Zauneidechsen auf der Ausgleichsfläche Ausschau gehalten. Auf einer südlich exponierten Hangfläche aus Feldsteinen und aufgeschüttetem Sand tummelte sich der erste Nachwuchs der Zauneidechsen. Die beobachtete Eidechse machte ihrem Namen Lacerta agilis = flinke Eidechse alle Ehre und verschwand, nachdem das erste Foto gemacht werden konnte, unter den schützenden Feldsteinen. Weiter am Rand der Fläche zu der benachbarten Rasenfläche raschelte es im trockenen Laub. Bei näherem Hinsehen konnte auch hier eine junge Zauneidechse bei ihrem Streifzug beobachtet werden.
Die beobachteten jungen Zauneidechsen lassen den Schluss zu, dass sie ihren neuen Lebensraum angenommen haben und die Umsiedlung erfolgreich war.

Informationen zur Zauneidechse (Lacerta agilis) (sand lizard)

Das Verbreitungsgebiet der Zauneidechse reicht von Griechenland im Süden bis nach Mittelskandinavien im Norden und von England im Westen bis nach Sibirien im Osten. Zauneidechsen können in Mitteleuropa bis zu 24 cm lang werden. Männchen sind seitlich leuchtend grün gefärbt, vor allem in der Paarungszeit. Die Weibchen sind graubraun gefärbt. Bei Männchen und Weibchen verlaufen auf dem Rücken zwei Begegnungen Parietalbänder.

Lebensraum:

In der Norddeutschen Tiefebene leben Zauneidechsen bevorzugt in Bereichen von Trockenrasen, Heiden, Dünen und Lichtungen sowie an Waldrändern. Durch das gezielte Aufsuchen unterschiedlich temperierter Bereiche (Sonneneinstrahlung/Schattenplätze) regulieren Zauneidechsen ihre Körpertemperatur. Sträucher, Gestrüpp, Steinhaufen und Holzstapel dienen diesen Tieren als Schattenspender und als Deckung vor Fressfeinden (z.B. Fuchs, Marder, Krähen, Greifvögel und Igel).
Der Boden, auf dem die Zauneidechsen leben, sollte für die Eiablage durch die Weibchen locker sein. Die Weibchen legen in selbst gegrabenen Erdhöhlen nach der Paarung zwischen ein und sieben Eier ab.

Lebensweise:

Von Anfang bis Mitte März verlassen die Männchen ihre Winterquartiere, gefolgt von den Weibchen und zuletzt den Jungtieren. Zwischen Ende April und Anfang Mai beginnt die Paarungszeit, von Ende Mai bis Anfang August erfolgt die Eiablage.

Zum Nahrungsspektrum der Zauneidechsen gehören u.a. Ameisen, Grillen, Käfer und Insektenlarven. Nachdem sich die männlichen Zauneidechsen genügend Energiereserven angefressen haben, beziehen sie bereits Ende Juli/ Anfang August ihre Winterquartiere. Die weiblichen Zauneidechsen benötigen nach der Eiablage eine längere Erholungsphase und beziehen gegen Ende August/Anfang September ihre Winterquartiere. Als Unterschlupf nutzen die Tiere in der Winterzeit u.a. die unterirdischen Gänge von beispielsweise Wühlmäusen, können aber auch eigene Winterquartiere graben.

Schutz der Zauneidechse:

Der Verlust von Lebensräumen der Zauneidechse hat zu einem deutlichen Rückgang der Zauneidechsenpopulation geführt. Nach § 7 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSCHG) ist die Zauneidechse eine streng geschützte Art. In Schleswig-Holstein ist sie stark gefährdet und wird auf der Roten Liste Kategorie 2 geführt.