Presseschau vom 04.08.2021

Unser Angebot der Presseschau in dieser Woche ist erneut ergiebig, neben lokalen Nachrichten aus dem Norden, u.a. gleich zweimal aus Brunsbüttel und zum KKW Krümmel, finden sich aktuelle Themen wie die Hochwasserkatastrophe und mögliche Auswirkungen auf KKW sowie ein lesenswertes Interview mit dem Chef des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung in unserer Sammlung. Auch die internationale Entwicklung der Nutzung der Kernenergie ist erneut Thema der Medien. Wir wünschen eine erkenntnisreiche Lektüre.

Nach einem Corona-Ausbruch im abgeschalteten Kernkraftwerk Brunsbüttel laufen die Rückbauarbeiten wieder ohne Einschränkungen. Sie waren am 16. Juli unterbrochen worden, wie Betreiber Vattenfall laut Süddeutscher Zeitung mitteilte. Bis Anfang vergangener Woche hatte es demnach 18 positive Fälle gegeben, nach darauf folgenden Tests von 350 Menschen kamen 4 weitere Fälle hinzu. Die überwiegende Mehrheit habe sich mit der Delta-Variante angesteckt. „Es zeigt sich, dass die umgehende Betriebsschließung beim Auftauchen der ersten positiven Fälle richtig war, so konnte eine weitere Ausdehnung bestmöglich eingedämmt werden“, sagte Kraftwerks-Leiter Markus Willicks laut SZ:

SÜDDEUTSCHE

Mit dem Rückbau des Kernkraftwerkes Krümmel darf erst begonnen werden, wenn die Atomaufsicht in Kiel ihre Genehmigung erteilt hat. Damit wird im kommenden Jahr gerechnet. Um für den Startschuss gerüstet zu sein, haben längst die Vorbereitungen begonnen. Im Kernkraftwerk trainieren Mitarbeiter nicht nur seit Jahren die entsprechenden Abläufe, sondern jetzt sind auch die ersten Container für den Transport von freigemessenem Abfall bereits angekommen. Auf einem Parkplatzes des Kraftwerkgeländes stehen gut ein Dutzend 20-Fußcontainer. „Diese Container sind Spezialanfertigungen und haben eine lange Lieferzeit“, zitieren die Lübecker Nachrichten Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Buckow. Deshalb seien die ersten leeren Behälter außerhalb des eigentlichen Überwachungsbereiches zwischengelagert worden:

• LÜBECKER NACHRICHTEN (Bezahlinhalt)

Dr. Jan Backmann, Leiter der Strahlenschutzbehörde im Kieler Umweltministerium schlägt laut Lübecker Nachrichten Alarm: Schleswig-Holstein habe allein im Kreis Herzogtum Lauenburg mit dem Kernkraftwerk Krümmel, dem Reaktordruckbehälter der Otto Hahn und dem ehemaligen Forschungsreaktor der GKSS gleich drei große kerntechnische Rückbauprojekte zu bewältigen. „Der Fachkräftemangel bei Betreibern inklusive Drittfirmen, bei Sachverständigenorganisationen und bei der atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde ist eines der größten – wenn nicht das größte Problem aktuell in der Kerntechnik“ zitiert das Blatt. Der Leiter gehe davon aus, dass die Bedeutung der Atomaufsicht in den nächsten Jahren sogar zunehmen werde, „denn Mängel an Experten aufseiten der Betreiber und Sachverständigenorganisationen, die zu Sicherheitsdefiziten führen könnten, müssen so rechtzeitig erkannt werden, dass rechtzeitig gegengesteuert werden kann“. Auch Betreiber Vattenfall erkenne das wichtige Thema: „Auch wir stellen fest, dass es schwieriger wird, Fachkräfte zu finden“, so laut LN Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Buckow. „Noch können wir aber alle Stellen mit qualifiziertem Personal besetzen. Das liegt vielleicht nicht zuletzt an unseren Weiterbildungs- und Trainingsangeboten, die sehr attraktiv sind“:

LÜBECKER NACHRICHTEN (Bezahlinhalt)

Mit Bescheid vom 22.07.2021 hat das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz der Kernkraftwerk Lingen GmbH das zweite Teilprojekt des Abbaus des Kernkraftwerks Lingen genehmigt. Der Genehmigungsbescheid umfasse insbesondere den Abbau des Reaktordruckgefäßes samt Einbauten sowie des Biologischen Schildes. Mit dem vorangegangenen Genehmigungsbescheid vom 21.12.2015 seien nunmehr alle atomrechtlich für den Abbau des Kernkraftwerks erforderlichen Genehmigungen erteilt worden. Nach den Planungen der Kernkraftwerk Lingen GmbH soll der Abbau des Kernkraftwerks Lingen noch mehrere Jahre dauern. Nach der Entlassung aus der atomrechtlichen Überwachung erfolge anschließend der konventionelle Abriss der Gebäude, so das Ministerium in seiner Erklärung:

NIEDERSÄCHSICHES UMWELTMINISTERIUM

Solange das KKW Isar 2 am Netz sei und Strom produziert, könne sich das Kernkraftwerk noch selbst mit Energie versorgen, so der lokale Nachrichtendienst Isar Donau Wald IDOWA in einem Beitrag. Wenn das KKI 2 aber an Silvester 2022 endgültig abgeschaltet werde, sei die Eigenerzeugung mit Wärme nicht mehr möglich. Aus diesem Grund werde nun auf dem Kraftwerksgelände eine neue Wärmezentrale errichtet, die mit Erdgas betrieben wird. Die Anlage ist laut des Standortleiters erforderlich, weil für die Restbetriebs- und Rückbauaktivitäten weiterhin ein hoher Wärmebedarf in Form von Wärme und Dampf anfalle. Solange der Leistungsbetrieb von Block 2 noch laufe, werde der tägliche Verbrauch am Standort der Kernkraftwerke Isar 1 und 2 durch einen Elektroerhitzer gedeckt. Diese Anlage ohne „eigenen“ Strom weiterzubetreiben, sei laut IDOWA jedoch unwirtschaftlich:

IDOWA (Bezahlinhalt)

Das Portal für Erneuerbare Energien und die bürgernahe Energiewende „energiezukunft“ beschäftigt sich mit möglichen Risiken für KKW in Zusammenhang mit Hochwassersituationen. Das Umweltinstitut München habe im Zuge des verheerenden Hochwassers in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine Abschaltung gefährdeter Atomreaktoren in Europa gefordert. Durch die fortschreitende Klimakrise steige das Risiko beim Betrieb von Kernkraftwerken weiter an. Die Gefahr zeige sich in der aktuellen Hochwassersituation z.B. beim belgischen Kernkraftwerk Tihange, das über den Fluss Maas gekühlt wird. Hier schlugen Beobachter demnach Alarm. Die Lage im belgischen Tihange sei nun „stabil“, die Atomaufsicht sprach aber von „erhöhter Wachsamkeit“. Die belgischen AKW Tihange und Doel sind ohnehin bereits seit Jahren in den Schlagzeilen, in Block 2 wurden wiederholt Risse im Reaktorbehälter gefunden, Anwohner forderten die Abschaltung:

ENERGIEZUKUNFT

Ende des Jahres wird das Kernkraftwerk in Brokdorf (Schleswig-Holstein) abgeschaltet. Im nächsten Jahr folgen die letzten drei KKW im Rest der Republik, unter anderem Emsland (Niedersachsen). Kernenergie ist in Deutschland dann Geschichte. Aber das letzte Kapitel, so die shz, sei noch nicht geschrieben, da die Lagerung der nuklearen Abfälle noch offen sei. Das Blatt erörtert die daraus resultierenden Fragen in einem Interview mit Wolfram König, Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Im Interview erinnert sich Wolfram König an 1976, als er in Brokdorf gegen Atomkraft demonstrierte, er berichtet von der schwierigen Suche nach einem Endlager und wie es gelingen soll, die „Menschen dabei mitzunehmen“:

NORDDEUTSCHE RUNDSCHAU (Bezahlinhalt)

Zehn Jahre nach der Katastrophe von Fukushima erlebe die Kernenergie ein erstaunliches Comeback, so das Magazin Focus. Immer mehr Länder bauen demnach neue Atommeiler, insbesondere auch um Klimaschutzziele zu erreichen. Aktuell entwickle sich eine neue Super-Technologie für Mini-Atomkraftwerke. Das Blatt stellt die Frage, ob Deutschland die Lösung des Klima- und Energieproblems verpasse: Während Deutschland ein Kernkraftwerk nach dem anderen abschalte, mache der Rest der Welt genau das Gegenteil. Alleine in Chinas seien 13 neue Kernkraftwerke im Bau, auch Indien setze massiv auf Atomenergie und habe jetzt 6 neue Meiler im Bau. Selbst das kleine Südkorea baue 4 neue Kernkraftwerke:

FOCUS

China wolle den wohl ersten kommerziellen Kernreaktor weltweit bauen, der kein Wasser zur Kühlung benötigen soll, berîchtet das Fachmagazin EFahrer.com unter Berufung auf einen Meldung von Yahoo! News. Statt wie die meisten Kernkraftwerke mit Uran betrieben zu werden, solle der geplante Schmelzsalzreaktor auf flüssigem Thorium laufen. Die Bauarbeiten für diesen ersten kommerziellen Salzschmelzenreaktor sollen demnach bis 2030 abgeschlossen sein, in Zukunft sollen dann mehrere weitere in den bevölkerungsarmen Wüsten und Ebenen Zentral- und Westchinas gebaut werden, so der Beitrag:

EFAHRER.COM

Heftige Proteste meldet der SPIEGEL aus Brunsbüttel: Klimaaktivistinnen und -aktivisten haben in unmittelbarer Nähe des KKW Brunsbüttel gegen den Bau eines Flüssiggasterminals protestiert. In mehreren Gruppen demonstrierten sie insbesondere gegen die Nutzung von Fracking-Gas und für mehr Anstrengungen im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe. Dabei wurden zeitweise Bahnstrecken blockiert, die zu dem Industriegelände ChemCoast Park führen, sowie auch der Nord-Ostsee-Kanal:

SPIEGEL

Auch der Branchendienst Heise berichtet über die Proteste. Laut eines Polizeisprechers seien im Zusammenhang mit den Protesten mehrere hundert Beamte im Einsatz gewesen, darunter sowohl Einheiten aus Schleswig-Holstein als auch aus anderen Bundesländern sowie von der Bundespolizei. Untergebracht worden seien die Beamten in zwei Camps – teils in der Eissporthalle in Brokdorf, teils auf dem Gelände des dortigen Kernkraftwerks. Der parlamentarische Beobachter Lorenz Gösta Beutin (Die Linke) hatte via Twitter darauf hingewiesen, dass Beamte „kurioserweise auf dem Gelände des AKW“ untergebracht seien:

HEISE ONLINE