Presseschau vom 31.03.2021

Die Presseschau in dieser Woche enthält neben Neuem aus dem Norden und zum Kernthema Rückbau interessante internationale Beiträge sowie Diskussionen über die Zukunft der Kernenergie und deren Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Wir bieten zudem einen Artikel zu einer überraschenden EU-Analyse an, ein lesenswerter historischer Beitrag über die Nutzung der Kernenergie in der ehemaligen DDR rundet unsere Auswahl für Sie ab.

Das Kernkraftwerk Grohnde im Landkreis Hameln-Pyrmont werde aktuell für die letzte Revision heruntergefahren, meldet der NDR. In den kommenden Wochen würden zahlreiche Aggregate und Leitungen überprüft. Darüber hinaus werde der Reaktor geöffnet und mit neuen Brennelementen beladen. Anders als vor der Corona-Pandemiedauern dauern die Arbeiten dieser Revision nun vier Wochen. Zudem würden weniger Mitarbeiter von Fremdfirmen zum Einsatz kommen, um die notwendigen Hygieneabstände einhalten zu können. Die Revision solle ca. zwölf Millionen Euro kosten. Das KKW soll am 31. Dezember 2021 endgültig vom Netz gehen:

NDR

Ein EU-Expertenbericht empfiehlt die Einstufung der Kernkraft als „grüne Investition“. Wie die Nachrichten des Deutschlandradio berichten, hätten die Analysen keine wissenschaftlich fundierten Belege dafür ergeben, dass die Kernenergie die menschliche Gesundheit oder die Umwelt stärker schädige als andere Technologien zur Stromerzeugung, heißt es demnach in einem Entwurf des wissenschaftlichen Dienstes der EU-Kommission, welcher der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Die Lagerung von Atomabfall tief unter der Erde sei „angebracht und sicher“, heißt es in dem Dokument der Gemeinsamen Forschungsstelle JRC. Die Autoren verweisen auf entsprechende Projekte in Frankreich und Finnland:

DEUTSCHLANDFUNK

Die deutsche Energiewende, so die FAZ in einem Kommentar, habe einen Makel: Eine nüchterne Abwägung zwischen der atomaren und der fossilen Brückentechnologie habe niemals stattgefunden. Die Wirtschaft sei hauptsächlich an einem zuverlässigen Stromfluss und grundlastfähigen Kraftwerken interessiert. Man habe de facto die Auswahl zwischen zwei Brückentechnologien: der Kernkraft, die ein hohes Gefahrenpotential berge, das sich jedoch nur selten realisiere, und den fossilen Energieträgern Kohle oder Gas, deren Nachteile sich in Form von Emissionen auf jeden Fall realisieren würden:

FAZ

Trotz der Nuklearkatastrophe in Japan halten viele Staaten an der Kernenergie fest, etliche wollen sogar neu einsteigen. Am Niedergang der Technik dürfe das aber wenig ändern, so die Süddeutsche Zeitung. Dies, so das Blatt, sei aber primär mit wirtschaftlichen Erwägungen und nicht mit Sicherheitsbedenken begründet:

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

Die ursprünglich für den Jahresanfang geplante Ausschreibung für den Neubau eines Kernkraftwerks mit 1200 Megawatt Leistung im tschechischen Dukovany verzögert sich laut eines Berichts der FAZ weiter. Sie solle jetzt erst nach der Parlamentswahl im Oktober und der folgenden Regierungsbildung begonnen werden, teilte demnach der federführende Industrieminister Karel Havlíček mit. Um nicht weitere Zeit zu verlieren, wolle er schon jetzt mit vier Interessenten aus Korea, Amerika, Frankreich und Russland ein Präqualifizierungsverfahren beginnen. Das stieß auf mehrfachen Protest, u.a. der chinesischen Botschaft, die es einen Verstoß gegen die wirtschaftliche Fairness nannte, dass dem Staatskonzern CGN aus Sicherheitsgründen die Teilnahme an der Ausschreibung versagt bleiben solle:

FAZ

Der französische Energiekonzern EDF erhält nach einem Bericht des Branchendiensts Energie und Management für die vorzeitige Schließung seines Kernkraftwerks Fessenheim eine Entschädigung von mehr als 370 Millionen Euro. Das älteste Kernkraftwerk Frankreichs im elsässischen Fessenheim war Ende Juni letzten Jahres endgültig vom Netz gegangen. Zuvor hatte die französische Atomaufsicht die Reststrommenge der Anlage begrenzt und den Betreiber EDF dadurch gezwungen, das Kernkraftwerk stillzulegen:

ENERGIE & MANAGEMENT (Bezahlinhalt)

Die japanische Atomaufsicht hat laut des deutschsprachigen japanischen Nachrichtendienstes Sumikai beschlossen, die Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks Niigata für eineinhalb Jahr zu verbieten, nachdem schwerwiegende Sicherheitsmängel festgestellt worden seien. Betreiber Tepco wolle das Kraftwerk Kashiwazaki-Kariwa so schnell wie möglich wieder in Betrieb nehmen, da es ein wichtiger Teil des Ziels des Unternehmens sei, nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima seine Abhängigkeit von teuren Importen fossiler Brennstoffe zu verringern. Die Entscheidung, das Kernkraftwerk nicht in Betrieb zu nehmen, komme für die japanische Regierung zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt, da diese bestrebt sei, die als sicher geltenden Kernkraftwerke des Landes wieder ans Netz zu bringen:

SUMIKAI

Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat in vielen Ländern zum Atomausstieg geführt. China folge diesem Trend allerdings nicht, so die Tagesschau in einem Bericht. Das Land brachte demnach gerade eines seiner modernsten KKW ans Netz. Kritik dazu sei kaum zu hören, so das Feature. Statistisch gesehen spiele die fast CO2-freie Kernenergie in China bisher allerdings keine große Rolle. Immer noch sorgten Kohlekraftwerke für mehr als 60 Prozent des Stroms. Der Anteil der Kernenergie liege in China bei gerade einmal fünf Prozent. Zum Vergleich: In den USA seien es rund 20 Prozent und in Deutschland, wo Ende nächsten Jahres die letzten KKW abgeschaltet werden, wurde vergangenes Jahr immerhin noch zwölf Prozent des Stroms nuklear erzeugt:

TAGESSCHAU

Mit der Nutzung der Kernenergie in der ehemaligen DDR zu Zeiten des Unglücks in Fukushima und dem dort damals herrschenden Sicherheitsverständnis, das von den Standards in der Bundesrepublik deutlich abwich, berichtet ein Beitrag des NDR aus dem Ressort Geschichte. Das Feature schildert den damaligen Status am Beispiel des KKW in Lubmin:

NDR