Presseschau vom 28.10.2020

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe der Presseschau. Die Auswahl diese Woche enthält nur stellenweise lokale, klassische Rückbauthemen, dafür aber auch übergreifende Energieperspektiven: Zwei Beiträge befassen sich mit unterschiedlichem Ergebnis mit der Frage des Beitrags von Kernenergie zum Erreichen der Klimaziele, ein Artikel resümiert das Energiejahr 2020 und den Beitrag der Erneuerbaren Energien zum Strommix.

Das Kernkraftwerk Brokdorf darf wieder Strom produzieren. Wie das Energieministerium in Kiel laut RTL.de mitteilte, habe die Atomaufsicht die Zustimmung zum Wiederanfahren erteilt. Die Anlage könne damit nach Abschluss des diesjährigen Brennelementewechsels und der damit verbundenen Jahresrevision wieder ans Netz gehen. Das Kraftwerk darf noch bis Ende 2021 Strom produzieren:

RTL

Ein weiterer, früherer Beitrag von RTL.de befasst sich ebenfalls mit dem KKW Brokdorf und wirft einen Blick auf dessen Geschichte, die Herausforderungen des Rückbaus sowie Stimmen aus der Politik und bietet ein Resümee zu den bislang produzierten Strommengen des Meilers:

RTL

Das Energieunternehmen Preussen Elektra müsse laut NDZ.de derzeit viel Geld in die Hand nehmen, um den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Grohnde zu gewährleisten. Die Eon-Tochter sicherte sich dazu erneut sogenannte Reststrommengen von Vattenfall aus dem früheren KKW Krümmel, um die sich die beiden Konzerne eigentlich aktuell vor Gericht streiten. Wie Preussen Elektra mitteilte, handele es sich um drei Terawattstunden (TWh), die den Betrieb des Grohnder Kraftwerks zunächst bis etwa Ende Januar sichern sollen. Weitere Übertragungen könnten bei Bedarf „ungeachtet des fortgesetzten Rechtsstreits stattfinden“, erklärt ein Preussen Elektra-Unternehmenssprecher auf Nachfrage der Zeitung. „Damit kann der Betrieb in Grohnde entsprechend den Vorgaben des Atomgesetzes bis Ende 2021 gewährleistet werden.“:

NDZ.de

Am Kernkraftwerk Gundremmingen bei Günzburg (Bayern) gibt es erneut Sicherheitsprobleme. Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr seien laut Heidelberg24 defekte Brennelemente festgestellt worden. Daraufhin wurde das KKW außerplanmäßig heruntergefahren. Bereits im Frühjahr wurde aufgrund eines ähnlichen Defekts Block C ausgeschaltet. Laut einer Sprecherin würden die Reparaturarbeiten etwa vier Wochen andauern. Atomkritiker fordern schon seit Langem die Stilllegung des größten deutschen Kernkraftwerks:

HEIDELBERG24

Die PreussenElektra GmbH kann mit der Auslagerung der noch innerhalb des Kernkraftwerks Würgassen lagernden schwach- und mittelradioaktiven Abfälle beginnen. Ende September habe die atomrechtliche Aufsichtsbehörde, das Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE), die erforderliche Zustimmung erteilt, berichtet die Beverunger Rundschau. Dementsprechend wurde noch im September das erste 200-Liter-Fass mit radioaktiven Abfällen aus seiner Lagerposition entnommen und in einen Konrad-Container verpackt. Die insgesamt rund 3.000 Abfallgebinde werden in drei Entsorgungskampagnen aus dem Zwischenlager, das sich im Gebäude des ehemaligen unabhängigen Nachkühlsystems (UNS) befindet, ausgelagert, dort in geeignete Endlagerbehälter verpackt und im Werkstattgebäude für den Transport bereitgestellt. Die Auslagerung aller Gebinde werde rund sechs Jahre dauern:

BEVERUNGER RUNDSCHAU

Im belgischen Kernkraftwerk Doel hat es zahlreiche Coronafälle gegeben. Mindestens 26 Mitarbeiter seien mit dem Virus infiziert worden, wie aus einem Bericht der Aachener Zeitung hervorgeht. Die Erkrankungen meldete demnach die belgische Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf den Energieerzeuger Engie Electrabel. Die positiv getesteten Personen seien unter Quarantäne. Das Unternehmen bemühe sich, ihre Kontakte zurückzuverfolgen. Die Beschäftigten würden nun in dem Maße, in dem das möglich sei, vom Homeoffice aus arbeiten. Belgien zählt zu den am schwersten von der Coronavirus-Pandemie betroffenen Ländern Europas:

AACHENER ZEITUNG

Laut Augsburger Allgemeine stellt eine Studie die Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen durch Nutzung der Kernkraft infrage. In seiner statistischen Analyse fand ein deutsch-britisches Forscherteam demnach keinen klaren Zusammenhang zwischen beidem. Dagegen ergab die im Fachblatt Nature Energy veröffentlichte Untersuchung von Daten aus 123 Ländern aus dem Zeitraum 1990 bis 2014 eine klare Verbindung zwischen der Nutzung erneuerbarer Energien und einer CO2-Reduktion. Unabhängige Experten bemängeln jedoch deutliche Schwächen der Studie. In letzter Zeit wird von unterschiedlichen Seiten eine weitere Nutzung der Kernkraft aus Klimaschutzgründen ins Gespräch gebracht:

AUGSBURGER ALLGEMEINE

Eine andere Ansicht zu Kernkraft und Klimawandel vertrete laut RTL.de der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde Grossi. Ein Erreichen der globalen Klimaziele sei nach dessen Überzeugung ohne Kernkraft „praktisch ausgeschlossen“. „Die wissenschaftliche Tatsache ist, dass Atomkraftwerke einen extrem geringen Kohlendioxid-Ausstoß verursachen“, sagte Grossi laut RTL der Deutschen Presse-Agentur in Wien. Es sei eine empirische Tatsache, dass ein Drittel der sauberen Energie aus nuklearen Quellen stamme. Unter Berufung auf das Zwischenstaatliche Gremium für Klimawandel (IPCC) und die Internationale Energieagentur sagte Grossi: „Jeder Weg zur Erreichung der im Pariser Abkommen festgelegten 2-Grad-Schwelle ist ohne Atomkraft nahezu unmöglich, wenn nicht unmöglich“. Der deutsche Atomausstieg sei in Konsequenz und Tempo weltweit praktisch einzigartig und ein echter Sonderweg. Nur wenige Länder hätten sich für einen Ausstieg entschieden, andere strebten eine Reduzierung der Atomkraft an, aber keinen Ausstieg. Ansonsten gebe es einen bemerkenswerten Trend zum Ausbau der Kernenergie, u.a. in China, Russland, Indien, Südafrika, Türkei, Bangladesch, Vietnam, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, Argentinien oder Brasilien, so der Chef der IAEA, die für den sicheren Betrieb zivil genutzter Atomkraftwerke wirbt:

RTL

Der Anteil der erneuerbaren Energiequellen an der öffentlichen Stromerzeugung in Deutschland werde 2020 wohl erstmals bei mehr als 50 Prozent liegen, meldet DER SPIEGEL. Nach Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) produzierten Wind-, Solar-, Biomasse- und Wasserkraftwerke demnach vom Jahresanfang bis zum 22. Oktober zusammen 52,5 Prozent der öffentlichen Nettoproduktion, also des Strommixes, der aus der Steckdose kommt. 2019 betrug der Ökostrom-Anteil rund 46 Prozent. 12 Prozent der Nettostromerzeugung in 2020 stamme aus Kernenergie:

SPIEGEL