Herzlich willkommen zur neuesten Ausgabe der Presseschau. Auch diese Woche kommt der Diskussion um einen möglichen Wiedereinstieg in die Kernkraft wieder mediales Interesse zu. Des Weiteren finden Sie Informationen zum neuesten Stand bezüglich der möglichen Erweiterung der durch ANF betriebenen Brennelementefabrik in Lingen sowie internationale Nachrichten. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre.
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Bereits Anfang des Jahres reichte Advanced Nuclear Fuels (ANF) einen Antrag ein, der ermöglichen soll, dass in der Brennelementefabrik in Lingen in Zukunft auch Brennelemente für Kernkraftwerke des osteuropäischen Typs hergestellt werden können. Hauptkritik an dem Vorhaben ist, dass es sich bei ANF um eine Tochterfirma des französischen Konzerns Framatome handelt, der seit einiger Zeit seine Zusammenarbeit mit dem russischen Staatskonzern Rosatom intensiviert und sowohl die Bundesregierung als auch das Land Niedersachsen haben sich bereits gegen das Vorhaben ausgesprochen. Auch das Aktionsbündnis „Münsterland gegen Atomanlagen“ und das emsländische Bündnis „Agiel“ sehen in der möglichen Beteiligung eines russischen Akteurs ein Sicherheitsrisiko, das auch aus ethischer Sicht nicht vertretbar sei. Nun wird jedoch erst einmal das Ergebnis des zweimonatigen öffentlichen Beteiligungsverfahrens, im Rahmen dessen Verbände Einsprüche abgeben können, abgewartet:
• NDR
Bei der Klausurtagung der CSU am 6. Januar gab es abermals Forderungen nach einem Wiedereinstieg in die Kernkraft. Angestrebt werden sollte es, die drei bereits 2023 abgeschalteten Kernkraftwerke wieder ans Netz zu nehmen und eine deutsch-französische Allianz zum Bau neuer Kernkraftwerke ins Leben zu rufen. Auch die CDU stellte in ihrer Heidelberger Erklärung ein Wochenende später ähnliche Forderungen: Man könne auf Kernkraft im Energiemix nach wie vor nicht verzichten und müsse möglichst schnell in die Wiederinbetriebnahme der 2023 abgeschalteten Kernkraftwerke investieren. Doch gerade dieser Punkt trifft nicht nur durch die Richtung anderer Parteien auf Hürden. Die Betreiber der drei Kernkraftwerke, um die sich das Gespräch aktuell dreht, RWE, EnBW und Eon, haben bereits deutlich gemacht, dass eine Wiederinbetriebnahme ausgeschlossen sei. Die Kraftwerke befinden sich bereits im Rückbau:
Das Kernkraftwerk Isar 2 war eines der letzten drei deutschen Kernkraftwerke, das vom Netz genommen wurde, nun laufen dort die Rückbauarbeiten. Gleichzeitig stellt sich auch die Frage, was mit dem Gelände geschehen wird. Die ÖDP forderte nun im Münchner Stadtrat die Umwandlung des Kraftwerks in ein Museum. Laut ihnen würde ein Abriss des Gebäudes nur noch mehr Energie verschlingen, was nicht mit Klimaschutz- und Energiesparzielen kompatibel sei. Gleichzeitig könne die vorhandene Infrastruktur für die Erzeugung und Distribution erneuerbarer Energien genutzt werden:
• MERKUR
Internationale Nachrichten:
China: Das in der chinesischen Provinz Shandong gelegene Kernkraftwerk Shidaowan hatte Anfang Dezember den kommerziellen Betrieb aufgenommen, nun zieht der Betreiber eine positive Zwischenbilanz. Bei dem Kernkraftwerk handelt es sich um das weltweit erste Kernkraftwerk der 4. Generation im Regelbetrieb. Zur 4. Generation zählt das Kernkraftwerk, da es zwei moderne modulare Reaktoren nutzt, genauer gesagt Hochtemperaturreaktoren, bei denen sich der Brennstoff in Kugeln befindet. Jeder Reaktor enthält bis zu 430.000 dieser Kugeln, wobei jede davon auf ihre Lebenszeit gesehen so viel Energie liefern soll wie 1,5 Tonnen Kohle. Zudem sind sie deutlich hitzebeständiger als herkömmliche Brennelemente und durch die Ableitung der im Reaktor entstehenden Hitze durch Helium und die damit höhere Temperatur des gewonnenen Dampfes können reguläre Dampfturbinen verwendet werden, was diese Art von Kernkraftwerk effizienter macht. Auch die Tatsache, dass sie als Kernschmelz-sicher gilt und während des Betriebs betankt werden kann, führt zu ihrem Ruf als besonders sicher und effizient:
Großbritannien: Obgleich der Anteil von Kernkraft am Strommix 2023 nur 15% betrug und aktuell sechs der neun sich noch in Betrieb befindenden Kernkraftwerke vom Netz genommen werden mussten, plant die britische Regierung einen erheblichen Ausbau der Kernkraft. Aus einem Dossier geht hervor, dass ab dem Jahr 2030 alle fünf Jahre mit dem Bau eines weiteren 7-Gigawatt-Kernkraftwerks begonnen werden soll. Dabei plant die Regierung Betreiber durch die Vereinfachung der Standortwahl zu unterstützen. Des Weiteren ist der Bau einer eigenen Urananreicherungsfabrik geplant, die dazu dient, die Abhängigkeit von Russland zu verringern. Auch Small Modular Reactors spielen in der britischen Kernkraft-Strategie eine Rolle:
• EFAHRER
USA: Im US-amerikanischen Bundesstaat New Mexico arbeitet das Kernkraft-Start-Up Kairos Power an einem neuartigen Kernreaktor, dessen Kühlung mit einem geschmolzenen Salzgemisch arbeitet. Im Dezember hatte die amerikanische Nuklearaufsichtsbehörde die Baugenehmigung für den ersten Testreaktor des Unternehmens erteilt. Anfang Januar hatte dann das erste großtechnische Testkühlsystem 1000 Betriebsstunden überschritten. Neben der Verwendung von Flüssigsalz plant Kairos auch, einen alternativen Brennstoff, nämlich TRISO, einzusetzen. Dieser ist besonders robust und hitze-, strahlungs- und korrosionsbeständig. Das Flüssigsalz als Kühlmittel wiederum lässt es zu, hohen Druck wie im Druckwasserreaktor zu vermeiden. Die Technik ist im Prinzip nicht neu sondern stammt aus den 1950er Jahren, doch Unternehmen wie Kairos arbeiten an der Optimierung des Systems:
• HEISE
China: Das chinesische Unternehmen Betavolt Technology hat eine Radionuklidbatterie mit 100 Mikrowatt Leistung und 50 Jahren Lebensdauer angekündigt. Die Batterie, die durch die Bestrahlung eines Halbleiters mit schnellen Elektronen hergestellt wird und Nickel-63 als Energiequelle verwendet, kommt jetzt in die Pilotphase. Das Unternehmen plant außerdem, seine Studien auf Isotope wie Strontium-90 und Promethium-147 auszuweiten, um eine höhere Leistungsfähigkeit und eine Lebensdauer zwischen 2 und 30 Jahren zu erreichen. Einsatzfelder für derartige Batterien könnten Smartphones, Drohen, aber auch Produkte aus der Medizintechnik sein. Die Technologie dahinter ist nicht neu, sondern stammt aus den 60-er Jahren, ihre zivile Nutzung ist jedoch umstritten. Nickel-63 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 101,2 Jahren und bei Beschädigung oder unsachgemäßer Entsorgung besteht das Risiko, dass radioaktive Substanzen austreten:
• HEISE
Dr. Helge Kröger vom Bundesamt für Strahlenschutz erläutert die Gefahren im Interview:
• HEISE
Bildquelle: EDF