Presseschau vom 20.12.2019

Wir begrüßen Sie recht herzlich zur letzten Ausgabe der Presseschau in 2019. Wir schließen das Pressejahr mit einem hörbaren Crescendo ab: Es häufen sich die Beiträge zu einer möglichen Renaissance der Kernkraft, aktuell insbesondere in Zusammenhang mit dem gerade beendeten EU-Gipfel. Abgerundet wird dieses Schwerpunktthema durch Beiträge zu Krümmel und Unterweser, Neues von der BGZ, einer interessanten Diskussion über den Denkmalcharakter von KKWs in der Schweiz und dem Ende des Reaktorbetriebs in Berlin.

Das Kernkraftwerk Krümmel ist jetzt frei von radioaktivem Kernbrennstoff. In der vergangenen Woche wurde der letzte radioaktive Kernbrennstoff aus der Anlage geholt. Nun warte man laut eines Beitrags der Lübecker Nachrichten auf die anstehende Genehmigung zum Rückbau, um mit den weiteren Arbeiten beginnen zu können (Bezahlinhalt):

LN ONLINE

Der Stromkonzern PreussenElektra hat laut Süddeutscher Zeitung dem niedersächsischen Umwelt- und Energieministerium im Zusammenhang mit dem Rückbau des KKW Unterweser ein überarbeitetes Gutachten übergeben. In dem 68 Seiten umfassenden Einzelnachweis gehe es nach Angaben des Unternehmens um die strahlenschutzrechtliche Eignung der Deponie Brake-Käseburg für freigegebene Abfälle aus dem Rückbau. Die Kraftwerksleitung hatte Anfang November klar gemacht, dass sie die Deponie für geeignet halte und bislang kein „K.O.-Kriterium“ gefunden worden sei. Aus Sicht des Unternehmens könne der Prozess im ersten Quartal 2020 entscheidungsreif sein. Allerdings sei dies Sache des Ministeriums. Der Rückbau des Kernkraftwerks läuft seit 2018 und wird insgesamt über eineinhalb Jahrzehnte dauern:

SUEDDEUTSCHE ZEITUNG

Der SPIEGEL beschäftigt sich wie aktuell viele weitere Medien mit der Frage, ob der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland ein Fehler gewesen sei. Deutschland müsse CO2 einsparen, Kernkraftwerke könnten dabei helfen. Die ersten Politiker forderten nun, zumindest die Laufzeiten zu verlängern, so das Magazin (Bezahlinhalt):

SPIEGEL ONLINE

Auch das Handelsblatt beschäftigt sich mit der gleichen Fragestellung, kommt dabei aber zu einem eher ablehnenden Ergebnis: Zum einen sei die immer noch ungelöste Endlagerfrage zu berücksichtigen, zum anderen werde der Betrieb von KKWs wirtschaftlich nicht darstellbar sein, so das Blatt. Es könne zwar energiewirtschaftlich sinnvoll sein, einen oder zwei Reaktoren für einen sehr begrenzten Zeitraum länger laufen zu lassen. Politisch durchsetzbar sei das jedoch nicht. Man solle deshalb solche Überlegungen, mögen sie noch so vernünftig erscheinen, „getrost vergessen“:

HANDELSBLATT

Der Streit über die Förderung von Kernkraft beim Klimaschutz hat auch den Beginn des EU-Gipfels überschattet. Tschechien forderte laut der WELT vor der offiziellen Festlegung auf ein „klimaneutrales“ Europa bis 2050 die Kernkraft als grünen Strom anzuerkennen. Das sehen Luxemburg, Österreich und auch Deutschland jedoch kritisch:

WELT

Auch der WDR widmet sich in der Nachbetrachtung des EU-Gipfels dem Thema. Beim Treffen in Brüssel haben die Regierungschefs vereinbart, die Europäische Union bis 2050 klimaneutral zu machen. Das dürfte zwar Klimaschützer erfreuen, so der WDR, aber Kernkraftgegnern große Sorgen bereiten, besonders in Nordrhein-Westfalen. Der gemeinsame Weg zur Klimaneutralität sei nämlich noch längst nicht klar. In der Erklärung des Europäischen Rates heiße es explizit: „Einige Mitgliedstaaten haben erklärt, dass sie als Teil ihres nationalen Energiemixes Kernenergie nutzen.“ Entscheidend werde nun sein, ob die Europäische Union der Kernkraft in den kommenden Monaten den „grünen Stempel“ aufdrücke und die Atomkraft sogar finanziell fördere. Das Geld könnte aus dem „Just Transitions Fonds“ stammen, den die EU-Kommission laut ihres Klimaplans „Green Deal“ einrichten will.

WDR

Nach den Zwischenlagern für Castorbehälter mit hochradioaktivem Atommüll übernimmt die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) auch die Verantwortung für die Lager mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen. Zum 1. Januar 2020 gehe laut epd die Betriebsführung von zunächst sechs Zwischenlagern von den Kernkraftwerksbetreibern auf die BGZ über, sagte ein Sprecher der Gesellschaft in Essen. Es handele sich um Lager an den KKW-Standorten Biblis in Hessen (zwei Lager), Stade und Unterweser in Niedersachsen, Obrigheim in Baden-Württemberg sowie Würgassen in Nordrhein-Westfalen:

EVANGELISCH.DE

Während in Deutschland der Rückbau der KKW zur „grünen Wiese“ das erklärte Ziel ist, macht man sich in der Schweiz Gedanken darüber, ob stillgelegte KKW dauerhafte Bedeutung als Denkmäler einer Epoche haben könnten. Mit zunehmender zeitlicher Distanz dürfe es laut SRF auch eine Neueinschätzung der Kernkraftwerke als Baudenkmal geben. Dies sei keine rein architekturhistorische Diskussion, denn ein KKW sei ein ideell und emotional aufgeladenes Symbol für das Thema Kernkraft, das über Jahrzehnte auch die Schweizer Gesellschaft spaltete. Vielleicht, so der Sender, passe hier der Begriff des „unbequemen Denkmals“:

SRF

Am 11. Dezember, Punkt 14 Uhr, läutet Berlin das Ende seines Kernkraftzeitalters ein. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums haben ihren Forschungsreaktor in Wannsee endgültig abgeschaltet. Uranspaltung wird es in der Hauptstadt damit nicht mehr geben. Mit einem Knopfdruck sei das Stilllegen aber nicht getan. Allein der Rückbau in Wannsee wird mehr als ein Jahrzehnt dauern. Die geschätzten Kosten liegen bisher bei 240 Millionen Euro. Den Löwenanteil trage der Bund:

BERLINER MORGENPOST