Presseschau vom 06.03.2020

Wir heißen Sie herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe der Presseschau. Neben regionalen und nationalen Beiträgen zum Thema Rückbau stehen Aktivitäten in Frankreich und in Polen im Fokus der ausgewählten Artikel. Abgerundet wird unsere Auswahl durch einen lesenswerten Artikel der WELT, die sich mit dem Szenario der weiteren Nutzung der Kernkraft vor dem Hintergrund schwindender Uranreserven beschäftigt, sowie einen Beitrag des SPIEGEL, der auf Basis von AGORA-Zahlen vor einer klaffenden „Ökostromlücke“ warnt.

Mitglieder des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste (UVUW) besuchten das KKW Brunsbüttel, um sich über den Status des Rückbaus zu informieren. Die Gruppe stellte zahlreiche Fragen, die der Leiter des Kraftwerks Markus Willicks in seinem Vortrag umfassend beantworten konnte. Ken Blöcker, Geschäftsführer des UVUW, resümierte den Besuch: „Wir sind nachhaltig beeindruckt von der Fülle der Maßnahmen und dem damit verbundenen erheblichen Zeitrahmen, bis der Rückbau tatsächlich fertiggestellt ist. Die Auswirkungen des Ausstiegs aus der Kernenergie wurden uns hier eindringlich vor Augen geführt.“ Boyens Medien berichten:

BOYENS MEDIEN

Bewegung beim Thema Deponierung von Bauschutt aus dem Rückbau norddeutscher KKW. Die Gemeinde Wiershop habe laut eines Berichts des NDR zugestimmt, leicht radioaktive Abfälle in der örtlichen Deponie zu lagern. Einziger Wermutstropfen: Die Gemeinde wolle nur Abfall aus dem nahe gelegenen KKW Krümmel und nicht aus den anderen beiden KKW Brunsbüttel und Brokdorf aufnehmen. Insgesamt hatten Experten sieben Deponien in Schleswig-Holstein untersucht. Grundsätzlich seien alle für die Abfälle geeignet:

NDR

Bald sollen erneut Castoren in das hessische Atom-Zwischenlager Biblis transportiert werden. Dies bringe insbesondere die lokalen Politiker der GRÜNEN in einen Zwiespalt, so die FR. Für Kernkraftgegner wie die Grünen sei es nicht einfach, sich in dieser Sache zu positionieren. Einerseits lehnen sie Atomanlagen weiter ab. Andererseits sehen sie sich in der Verantwortung, Deutschlands völkerrechtlicher Verpflichtung nachzukommen und den strahlenden Müll zurückzunehmen, zumal sie mit Priska Hinz (Grüne) aktuell die hessische Umweltministerin stellen. Von dort sei deshalb auch „ganz nüchtern verkündet“ worden, dass das Bundesamt die Genehmigung erteilt habe. Das Umweltministerium beaufsichtige „mit Unterstützung von zugezogenen Sachverständigen alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Rückführung und Einlagerung der Behälter“:

FRANKFURTER RUNDSCHAU

Die Sprengung der über 150 Meter hohen Kühltürme aus Stahl und Beton des KKW Philippsburg steht fest, der Abriss soll laut Karlsruhe Insider im Herbst beginnen. Der Bürgermeister der Stadt Philippsburg spricht in diesem Zusammenhang von einer „Landmarke“, wenn er an die beiden Kolosse in Philippsburg denke. Die Türme ragen rund 40 Jahre in die Höhe, waren lange prägend für das Erscheinungsbild der Gegend und werden seit Ende des vergangenen Jahres nicht mehr benötigt:

KARLSRUHE-INSIDER

Im bayerischen KKW Isar 2 sehe man sich laut eines Features des Deutschlandfunks vor der Abschaltung mit offenen Fragen konfrontiert. Unklar sei der Verbleib der dort lagernden Castoren, die Entsorgung des Bauschutts und die Frage der Versorgung aus anderen Quellen. Der Beitrag geht diesen Themen bei einem Besuch vor Ort nach:

DEUTSCHLANDFUNK KULTUR

Ein Wiedereinstieg in die Kernkraft werde von immer mehr energiebesorgten Bürgern gefordert. Nun ergebe sich laut eines Beitrags der WELT allerdings ein existenzielles Problem für die Zukunft der Kernkraft. Bei heutigem Uranbedarf und -preis reichen die Vorkommen demnach nur noch für knapp 20 Jahre. Auch die fallenden Preise von Uran würden einen Abbau immer weniger rentabel erscheinen lassen. Eine Alternative könne allenfalls der Rohstoff Thorium bieten. Dieses Metall komme häufiger in der Erdkruste vor als Uran. Durch Neutronenbeschuss ließe es sich ins Isotop Uran-233 wandeln, das für den Reaktorbetrieb geeignet wäre. Es benötige allerdings neue und teure Reaktortypen, deren Bau wiederum viele Jahre dauern würde. Zudem lässt sich Thorium leicht in waffenfähiges Uran umwandeln, was eine große politische Gefahr bedeute:

WELT

Der Sender n-tv stellt einen Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich an, wo man „den Kopf schüttle“ über Deutschlands Energiewende. Kernenergie für emissionsreiche Kohleverstromung aufzugeben käme Präsident Macron demnach nicht in den Sinn. Vor allem der Energiepreis sei in Frankreich ein Schlüsselargument für Kernenergie, so der Beitrag:

N-TV

Ein weiterer Beitrag aus Frankreich: Das Land habe mit der Abschaltung des AKW Fessenheim begonnen, so das Industriemagazin. Der erste Reaktor sei bereits heruntergefahren worden. Während dieser Schritt in Deutschland und bei Umweltorganisationen Grund zur Freude war, übten Belegschaft und Vertreter der örtlichen Behörden scharfe Kritik:

INDUSTRIEMAGAZIN

Kritik an Polen und seinen Kernkraftplänen: Das Land plane den Bau von sechs Kernkraftwerken und müsse Nachbarländer eigentlich über mögliche Umweltfolgen informieren, doch bis auf Österreich sei das bisher nicht geschehen. Nun stelle sich die Frage, ob Polen internationale Regeln übergehe: Im Fall großer Bauprojekte wie eines Kernkraftwerkes sind Staaten normalerweise verpflichtet, eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung anzufertigen. So sehe es die sogenannte Espoo-Konvention der UN vor, die 1991 in der gleichnamigen finnischen Stadt unterzeichnet wurde. Staaten, die sich um mögliche Umweltschäden eines Bauprojektes sorgen, können außerdem eine Konsultation bei dem betroffenen Staat beantragen. Der Branchendienst Euractiv hat die Fakten:

EURACTIV

Deutschland drohe eine gewaltige Ökostromlücke, so der Spiegel unter Berufung auf Zahlen des Energie-ThinkTanks AGORA. Bei aktuellem Ausbautempo würde der Ökostromanteil zu Anfang des kommenden Jahrzehnts demnach maximal 55 Prozent betragen, Zeil der Bundesregierung seien aber 65 Prozent. Weniger Ökostrom und mehr Strom aus fossilen Energieträgern würden laut Agora-Prognose zu höheren Kosten führen. Bei nur 55 Prozent Erneuerbaren-Anteil würden die Börsenstrompreise im Jahr 2030 um 5 bis 10 Euro pro Megawattstunde steigen. Die CO2-Emissionen lägen dann um 5 bis 20 Millionen Tonnen höher als geplant:

SPIEGEL