Eine Königin mit ihrem Gefolge zieht um – Waldameisen wurden umgesiedelt

Vor zwei Jahren waren es Zauneidechsen, diesmal sind es Rote Waldameisen (Formica rufa), die umziehen müssen. Als eine Kollegin, die im Externen Labor des Kernkraftwerk Krümmel arbeitet, eine Vielzahl von Ameisen auf dem Boden des Labors fand und die beflügelten Tiere dessen Fenster so stark bevölkerten, dass es im Raum fast dunkel wurde, war es genug. Die Ameisen mussten gehen. Rote Waldameisen stehen unter Naturschutz. Sie gehören nach der Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten zu den besonders zu schützenden Tierarten.

Die wärmeliebenden Tiere hatten den Platz für ihr Nest am externen Labor des Kraftwerks für ihren Bedarf optimal gewählt. Auch das Dach schien für sie interessant zu sein, sah man doch ganz deutlich, wie sich eine Art „Highway“, eine Ameisenstraße, an der Außenwand des Labors hinauf erstreckte und unter dem Dach verschwand.

Um eine weitere Ausbreitung der Ameisen im Labor zu unterbinden, nahm das KKK Kontakt zu Ronald Wischmann von der Ameisenschutzwarte Norddeutschland e.V. auf.

Er stellte fest, dass es sich bei den Ameisen um die Rote Waldameise (Formica rufa) handelte, eine zu 75 % monogyne Art, d. h. der Staat wird nur von einer Königin gebildet. Damit die Ameisen ihr Nest vor dem Winter wiederaufbauen können, musste der Umzug schnell erfolgen.

Öffnen des Dachs durch den Dachdecker, auf der Suche nach den Ameisen

Auf der Suche nach der Königin

Problematisch war, dass das Nest am Externen Labor nicht mehr von der Königin bewohnt wurde, so dass der erste Umsiedlungsversuch misslang. Beim zweiten wurde das Dach des Labors am Ende der Ameisenstraße in den Focus genommen. Dafür wurde die Unterstützung durch ein Dachdeckerteam benötigt, das das Dach Stück für Stück aufnahm und dabei dem Ameisenstrom folgte. Die Tiere hatten direkt unter dem Flachdach des externen Labors einen noch besseren Platz gefunden. Hier gab es optimale Bedingungen für ihren Staat: Dachdämmmaterial aus Kork, das sich optimal für die Bruthöhlen der Königin ausbauen ließ, und eine optimale Sonneneinstrahlung.

Die Helfer von der Ameisenschutzwarte sammelten den Kork mit den Ameisen und der Brut in großen Wannen. „Das besondere an den Umsiedlungsaktionen bei Ameisen ist, dass man die Königin nur äußerst selten zu Gesicht bekommt. Nur wenn es plötzlich sehr stark nach Ameisensäure riecht, kann man davon ausgehen, dass sich die Königin irgendwo in dem Bereich befindet. Die Arbeiterinnen, die für die Königin sorgen, versuchen durch das Verspritzen von Ameisensäure, die Königin zu schützen“, so Ronald Wischmann von der Ameisenschutzwarte Norddeutschland.

An dem Ort, an dem die Ameisen ausgesetzt wurden, waren einige Zeit später keine mehr vorzufinden – laut Ronald Wischmann ein gutes Zeichen: „Die Ameisen haben sich mit der Königin auf den Weg gemacht, um einen neuen Platz für ihr Nest zu finden.“

Das Team auf dem Dach des externen Labors

Wissenswertes über Ameisen

Es gibt ca. 13 000 Ameisenarten weltweit und ca. 200 Arten in Europa, ca. 120 in Deutschland. Der Lebensraum von Ameisen ist sehr mannigfaltig. Jeder von uns hat sicher schon einmal mit Ameisen auf die eine oder andere Art Bekanntschaft gemacht, im Garten, auf dem Rasen und im Wald. Sogar in der Wüste gibt es Ameisen.

Ameisen sind gesellschaftsfähig. Sie bilden Kollektive, organisieren sich und teilen sich Aufgaben in Ihrem Staat. Diese Form der Staatenbildung hatte schon der griechische Philosoph und Wissenschaftler Aristoteles bei den Ameisen beobachtet, die er mit der Lebensform des Menschen verglich. Die Ameisen, die wir häufig in der Natur am Boden, in ihren Nestern oder auf Pflanzen krabbeln sehen, sind die Arbeiterinnen eines Ameisenvolkes. Es sind die unfruchtbaren (sterilen) Töchter der Königin. Sie machen den größten Anteil eines Ameisenvolkes aus. Die Anzahl der Ameisen in einem Volk kann zwischen einigen und 1,5 Millionen Individuen variieren. Die Ameisenkönigin sorgt mit ihrer ständigen Eiablage für den Nachwuchs und damit für den Fortbestand ihres Volkes.

Es gibt Ameisenarten, deren Staaten aus einer oder mehreren Eierlegenden Königinnen bestehen. Man spricht dann von monogynen Völkern oder polygynen Völkern. Zu spezifischen Zeiten verlassen geflügelte weibliche und männliche Geschlechtstiere das Nest. Die befruchteten weiblichen Geschlechtstiere versuchen ein neues Ameisenvolk zu gründen, während die männlichen Geschlechtstiere nach der Begattung sterben.

Für die Natur sind Ameisen von besonderer Bedeutung. Sie sorgen für ein ökologisches Gleichgewicht in der Umgebung ihres Nestes. So kann ein Ameisenstaat 100.000 bis 150.000 Insekten täglich vertilgen, dazu gehören auch beispielsweise Zecken und Eichenprozessionsspinner.


Die Dachisolierung aus Kork eignete sich optimal für den Nestbau der Ameisen.

Wir danken Ronald Wischmann von der Ameisenschutzwarte-Nord für die tatkräftige Unterstützung bei der Umsiedlung der Rote Waldameisen und für den Faktencheck in diesem Beitrag.